Beeinflussen die Einstellungen der Gesellschaft die Art und Weise, wie Menschen das Thema und die Handlung sexueller Übergriffe betrachten?
- Anna H
- 27. Jan.
- 2 Min. Lesezeit
Ich kann nicht für jedes andere Land sprechen, aber ich kann auf jeden Fall für Irland sprechen und gehe davon aus, dass es in Europa ziemlich ähnlich ist. Sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen werden so lange ernst genommen, bis das Opfer an die Öffentlichkeit geht und sagt, dass es sexuell angegriffen wurde. Dann folgt eine Fülle von Kommentaren, die andeuten, dass sie eine Lügnerin ist, dass sie Aufmerksamkeit sucht oder dass sie sich vielleicht schämt oder ihre Entscheidung bereut, indem sie den Tatbestand „Vergewaltigung“ ins Feld führt. Dies gepaart mit öffentlicher Demütigung, Flüstern, Blicken, Kommentaren, Vermutungen über ihren Charakter und der möglichen Entfremdung von sozialen Gruppen schafft eine äußerst unsichere Umgebung für das Opfer, sich zu äußern; und hält Frauen daher davon ab, sich zu äußern, obgleich sie in der Tat sexuell missbraucht wurden, in der Vergangenheit oder der Gegenwart. Es ist, als könnten wir darüber sprechen, wie schrecklich das Verbrechen ist, aber Gott bewahre, dass eine Frau über ihre Erfahrungen spricht, denn sollte Sie es wagen dies zu tun, dann wendet sich auf einmal das Blatt und sie selbst wird zum "Problem“.
In gewisser Weise tendiert die allgemeine Rücksichtsnahme mehr auf die öffentliche "Unversehrtheit" des Täters als auf die Sicherheit der Frauen, die gerade vergewaltigt wurden. In populären Nachrichtenartikeln wurden Geschichten über sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen unschuldiger junger Frauen durch beliebte Rugby-Stars, Richter, Musiker, Social-Media-Persönlichkeiten usw. veröffentlicht. In der Gesellschaft werden die Menschen versuchen, diese Verbrechen zu verteidigen oder die Augen davor zu verschließen, um den Ruf des Täters aufrechtzuerhalten, denn „es hat keinen Sinn, zuzulassen, dass so etwas sein Leben ruiniert“. Ich will damit sagen, dass sich in einer Gesellschaft eigentlich alle einig sind, dass Vergewaltigung etwas Schlechtes ist - bis es eben ein Bruder, ein Onkel oder ein Freund ist, der eine Frau sexuell angegriffen hat; dann ist die Tat entweder nicht so schlimm oder sie ist überhaupt gar nicht passiert, und falls doch, dann hiesse dies nicht zwangsläufig, dass diese Personen schlechte Menschen seien, sondern eher, dass die Frauen, die gelitten haben, schlecht sind, weil sie sich entschieden haben, über diese Taten zu sprechen.
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